Aktenzeichen II 147/1943
Datum 10.03.1944
Leitsatz 1. Das Vorstandsmitglied, das für sich einen neuen Anstellungsvertrag mit der durch den Aufsichtsrat vertretenen Aktiengesellschaft abschließt, haftet für eine hierbei etwa vorkommende Verletzung seiner Treupflicht (§ 70 Abs. 1 AktG) in gleicher Weise wie für Handlungen eigener Geschäftsführung nach § 84 AktG. Auch die Bestimmungen des § 122 AktG über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Vorstand aus dessen Geschäftsführung finden insoweit entsprechende Anwendung. 2. Eine Bestimmung des Anstellungsvertrages, durch die dem Vorstande versprochen wird, daß Gewinnbeträge, die zur Bildung freier Rücklagen verwandt werden, bei der Berechnung seiner nach dem Jahresgewinn bemessenen Gewinnbeteiligung nicht abgesetztwerden sollen und daß der Aufsichtsrat bei Bildung freier Rücklagen entsprechend beschließen werde, ist mit § 77 Abs. 2 AktG unvereinbar und deshalb nichtig. Gleichfalls nichtig ist eine Vertragsbestimmung, wonach bei Ungesetzlichkeit oder Satzungswidrigkeit einzelner Bestandteile der vereinbarten Bezüge des Vorstandes dieser gleichwohl Bezüge in der vorgesehenen Gesamthöhe erhalten soll. An die Stelle solcher nichtigen Vereinbarungen tritt die dem Gesetz entsprechende Berechnungsweise. 3. Die Zusage einer Gewinnbeteiligung an den Vorstand in der Form eines „veränderlichen Teils des festen Gehalts“ ist nichts anderes als die Zusage einer gewöhnlichen Tantieme und unterliegt deshalb den Beschränkungen des § 77 AktG ebenso wie etwaige Satzungsbestimmungen über die Beteiligung des Vorstandes am Reingewinn. Grundsätzlich zulässig und von den Beschränkungen des § 77 AktG unabhängig ist jedoch die Vereinbarung einer garantierten Tantieme, d. h. einer zusätzlichen festen Mindestvergütung.
Persistente URL http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/RGN22674640AD140107
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